6. 11. 2024, 19:00 Uhr

Leoš-Janáček-Haus

Violine: Lenka Kuželová, Dennis Schneiderka

Violoncello: Josef Klíč

Klavier: Ondrej Olos

Die Aufführung dauert 60 Minuten ohne Pause.

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Leoš Janáček: Sonate für Violine und Klavier; 1.X.1905; Dumka für Violine und Klavier; Märchen für Violoncello und Klavier

Die abendliche Stimmung in der authentischen Kulisse des Leoš-Janáček-Hauses, wo der Meister einst lebte und komponierte, ist einzigartig, vor allem, wenn hier seine Kammerwerke gespielt werden. Diesmal werden hier Orchestermitglieder der Oper des Nationaltheaters Brno auftreten.

Seine Sonate für Violine und Klavier schrieb Leoš Janáček (1854–1928) in einer schweren Zeit. Er arbeitete an dem Werk in den Jahren 1914–15 unter dem Eindruck der damaligen weltpolitischen Lage, wie seine Erinnerungen belegen: „Die Violinsonate habe ich 1914 zu Beginn des Krieges geschrieben, als wir schon die Russen in Mähren erwarteten.“ Als erste und ursprünglich offenbar selbständige Komposition entstand die Ballade, während die weiteren Sätze erst 1915 hinzukamen. Eine letzte Überarbeitung nahm der Komponist erst 1920 vor. Seine Uraufführung erlebte das Werk am 24. April 1922 in Brünn bei einem Abend mährischer Musikneuheiten, der vom Klub der jungen mährischen Komponisten veranstaltet wurde. Es handelt sich hier zweifellos um eine der bedeutendsten Kompositionen der Violinliteratur des 20. Jahrhunderts.

Das nächste Werk trägt den Titel 1. X. 1910 (Von der Straße, 1. Oktober 1905). Das Stück entstand als spontane Reaktion auf einen tragischen Zwischenfall während der Demonstrationen für eine tschechische Universität in Brünn. Die deutsche Bevölkerungsmehrheit der Stadt wollte die Universitätsgründung verhindern und veranstaltete deshalb am 1. Oktober 1905 einen sog. Volkstag, zu dem deutsche Vereine und Organisationen aus der ganzen weiteren Umgebung nach Brünn eingeladen wurden, um gemeinsam ihre Ablehnung zu demonstrieren. Als Reaktion darauf riefen die tschechischen Einwohner Brünns zu einer großen antideutschen Demonstration auf. Zwischen den beiden Lagern kam es zu Straßenschlachten, gegen die die Gendarmerie und schließlich auch die Armee einschritten. Bei einem dieser Einsätze wurde in der Nähe des Gemeinschaftshauses der junge tschechische Arbeiter František Pavlík getötet. Unter dem Eindruck dieses tragischen Ereignisses schrieb Janáček sein ursprünglich dreisätziges Werk Von der Straße I. X. 1905. Unmittelbar vor der Brünner Uraufführung am 27. Januar 1906 verbrannte er jedoch den letzten Satz, und nach einer weiteren Aufführung in Prag warf er gar das gesamte Manuskript in die Moldau. Glücklicherweise bewahrte die erste Interpretin des Stückes, die Pianistin Ludmila Tučková, ihre Abschrift der ursprünglichen Version auf, was sie erst 1924 bekannt machte. So ist dieses von seinem Schöpfer für viele Jahre vergessene Klavierwerk der Nachwelt erhalten geblieben.

Die Dumka ist ein kleines Werk aus Janáčeks Lehrjahren, über dessen Entstehung so gut wie nichts bekannt ist. Janáček gab später an, es im Jahr 1880 geschrieben zu haben, doch war der Meister bei der Datierung seiner Frühwerke nicht allzu genau. Die Komposition mag somit während Janáčeks Studium am Konservatorium in Leipzig oder Wien oder auch kurz danach entstanden sein. Immerhin ist bekannt, wann sie erstmals aufgeführt wurde: am 8. März 1885 bei einem Konzert des Vereins zur Förderung der Kirchenmusik in Mähren, als Janáček selbst am Klavier saß.

Die Inspiration zu Janáčeks Märchen für Violoncello und Klavier lieferte ein Werk von Wassili Andrejewitsch Schukowski mit dem Titel „Eine Erzählung vom Zaren Berendei, von seinem Sohn, dem Zarewitsch Iwan, von der Klugheit des Unsterblichen Koschtschei und von der weisen Zarin Marja, der Tochter des Koschtschei“. Dies war nicht das erste und auch nicht das letzte Mal, dass Janáček sich eines russischen Sujets bediente. Seine musikalische Erzählung über ein unüberlegtes Versprechen des Zaren, durch das dieser sein einziges Kind verlor, vollendete Janáček in einer ersten Version am 10. Februar 1910. Die Handschrift enthält drei Sätze. Das Märchen wurde am 13. März 1910 im Rahmen der VI. Sonatenstunde an der Brünner Orgelschule uraufgeführt. Anschließend schrieb Janáček das Werk so um, dass es nunmehr aus vier Sätzen bestand. In dieser Form kam es am 12. März 1912 zur Aufführung. Eine dritte Version wurde 1923 in gedruckter Form herausgegeben. Der Charakter der Komposition lässt darauf schließen, dass Janáček sie in Zeiten einer gewissen Hoffnungslosigkeit und Vereinsamung verfasste.

Jiří Zahrádka