Grenzenlos!… Als Menschen setzen wir uns unzählige Grenzen, doch der Weg ins Reich der Fantasie steht allen offen, und die Musik kennt keinerlei Grenzen.

Das Motto des 9. Festivaljahrgangs „Grenzenlos!…“ ist gerade durch Janáčeks Oper Die Ausflüge des Herrn Brouček inspiriert, in der wir zusammen mit dem Haupthelden den Mond besuchen und in einer Zeitreise ins 15. Jahrhundert zurückkehren. Dasselbe Motto könnte auch für das Werk des Regisseurs Robert Carsen gelten, dessen Inszenierungen weltweit durch ihren Sinn für Dramatik, ihre Poetik, ihren Humor und ihre künstlerische Geschliffenheit begeistern. Für das Brünner Ensemble schuf er im Jahr 2020 seine Interpretation der Oper Schicksal, und nunmehr kehrt er auf die Bühne des Janáček-Theaters zurück, um gerade mit seiner Neuinszenierung der Ausflüge des Herrn Brouček das Festival feierlich zu eröffnen. Die Rolle des Matěj Brouček wird der britische Tenor Nicky Spence übernehmen, den die regelmäßigen Besucher des Festivals vor zwei Jahren als ausgezeichneten Interpreten von Janáčeks Tagebuch eines Verschollenen erleben konnten. Die Inszenierung ist in Zusammenarbeit mit dem Teatro Real und der Staatsoper Unter den Linden, Berlin entstanden, womit Herr Brouček also nicht nur den Mond besuchen wird.

Das Jahr 2024 ist das Jahr der tschechischen Musik, und so wird dieser denn auch das gesamte Festival gehören. Das Opernprogramm wird einen Querschnitt durch das Schaffen Janáčeks von seinem ersten Opernerfolg Jenůfa bis hin zu seinen zwei Hauptwerken Die Sache Makropulos und Das schlaue Füchslein bieten. Ein besonderer Gast des Festivals ist das herausragende Ensemble der Staatsoper Unter den Linden, Berlin, welches mit einer ausgezeichneten Inszenierung der Sache Makropulos unter der Regie von Claus Guth und mit Robert Jindra am Dirigentenpult aufwarten kann. Jenůfa ganz anders – das ist das Projekt der Dirigentin Anna Pešková und der Regisseurin Veronika Loulová, die als Inszenatorin für ihre neuartigen und radikalen Ansätze bekannt ist. So wird sich die berühmte Oper auf dem Festival nicht nur in ihrer Urfassung aus dem Jahr 1904 präsentieren, sondern vor allem auch als Werk, das in der Lage ist, das Publikum in die Handlung hineinzuziehen – was in diesem Fall wörtlich zu nehmen ist. Es mag kaum zu glauben sein, aber Janáčeks Oper Das schlaue Füchslein wird am 6. November hundert Jahre alt. So haben denn gleich zwei Ensembles ein Geburtstagsgeschenk für das Füchslein vorbereitet – aus Janáčeks Heimatregion das Mährisch-Schlesische Theater eine brandneue Inszenierung unter der Regie des israelischen Choreografen Itzik Galili, während direkt aus den Wäldern von Bílovice eine Inszenierung der Janáček-Oper des Nationaltheaters Brno mit den herausragenden Gästen Kateřina Kněžíková (als Füchslein Schlaukopf) und Adam Plachetka (als Förster) kommen wird.

Antonín Dvořák zählt zu den Mentoren und Freunden Leoš Janáčeks, dessen Musik wie auch seine Ratschläge großen Einfluss auf den jüngeren Komponisten hatten. Dvořáks Rusalka entstand zu einer Zeit, als Janáček an der ersten Version seiner Oper Jenůfa arbeitete. Das Festival bietet somit die außergewöhnliche Möglichkeit, diese beiden Opern am selben Ort zu sehen und zu hören – darüber hinaus in beiden Fällen in außergewöhnlichen Inszenierungen, denn die Regie wird bei Rusalka David Radok führen, der ein eingespieltes Team mit Marko Ivanović bildet, welcher hier für die musikalische Einstudierung verantwortlich zeichnet. Wenn wir einen einzigen Brünner Komponisten auswählen sollten, an den wir im Rahmen des Festivals erinnern möchten, so wäre dies gewiss Pavel Haas. Am Brünner Mahen-Theater erlebte im Jahr 1938 auch seine einzige Oper Der Scharlatan ihre Premiere, und hierher wird sie nun nach bald neunzig Jahren in Gestalt einer neuen Inszenierung der Oper des Mährisch-Schlesischen Theaters unter der Regie von Ondřej Havelka und mit Marek Šedivý als Dirigent zurückkehren.

Die tschechische Musik hat viele Male die Bergzüge rund um unser Land überwunden und die ganze Welt erobert. Als Höhepunkt des Jahres der tschechischen Musik möchten wir daher die Welt einladen, bei uns vorbeizuschauen und unserer Musik an den Orten zu lauschen, durch die sie geprägt wurde.

Patricie Částková

Das Konzertprogramm im Rahmen des Festivals Janáček Brno 2024 steht ganz im Zeichen des tschechischen Musikschaffens und des Jahres der tschechischen Musik, welches erstmals im Jahr 1924 begangen wurde. Neben dem naheliegenden Schwerpunkt auf dem Schaffen Leoš Janáčeks wird das Festival daher nicht nur Symphonie- und Kammerkonzert und Rezitale mit Werken jener großen tschechischen Komponisten umfassen, deren Lebensdaten die in der tschechischen Musik geradezu mythische Zahl Vier enthalten (Bedřich Smetana, Antonín Dvořák, Leoš Janáček, Josef Suk), sondern auch andere Autoren präsentieren, die den Begriff der tschechischen Musik formulierten oder umgekehrt bewusst verschwimmen ließen (so etwa Pavel Křížkovský, Zdeněk Fibich, Vítězslav Novák, Vítězslava Kaprálová, Bohuslav Martinů, Jaroslav Ježek, Jan Novák, Josef Berg, Alois Piňos, Miloslav Ištvan, Luboš Fišer, Petr Eben, Klement Slavický oder Petr Kofroň). Auf dem Programm stehen auch Werke jüdischer Autoren, deren Leben und Schaffen ein gewaltsames Ende durch die Barbarei der Nationalsozialisten fanden. So werden vor allem mehrere Werke von Janáčeks begabtem Lieblingsschüler Pavel Haas erklingen.

Die Konzerte sind thematisch ganz unterschiedlich konzipiert, wobei mal die inhaltliche, mal die formale Seite im Vordergrund steht. So werden etwa die Bamberger Symphoniker mit ihrem Dirigenten Jakub Hrůša das Programm des einführenden Konzerts zum Jahr der tschechischen Musik präsentieren, wie es im Januar 1924 vom Orchester des Brünner Nationaltheaters aufgeführt wurde. Wiederum wird es eine Vielzahl an traditionellen, aber auch weniger traditionellen Veranstaltungsorten geben (so etwa das Refektorium der Augustinerabtei oder ikonischen Brünner Villen Tugendhat, Stiassni und Löw-Beer). Tschechischen Jazz wird es in den Brünner Kaffeehäusern aus der Vorkriegsära zu hören geben. Das Festival Janáček Brno 2024 wird das Jubiläumsjahr mit einem Programm begehen, das die tschechische Musik in ihrer ganzen ungewöhnlichen Breite und Vielfalt präsentiert.

Jiří Zahrádka

The International Opera Awards

Innerhalb von nur sechs Festivaljahrgängen ist die Biennale Janáček Brno zu einem der besten Opernfestivals der Welt aufgestiegen. Als erstes Ereignis seiner Art in Tschechien wurde das Festival Janáček Brno bei den begehrten International Opera Awards zum besten Festival des Jahres 2018 gekürt (weitere Informationen unter www.operaawards.org).